A Gothic Tale – Gothic 4 Game Review

Es wird Wochenende, Zeit fĂŒr etwas weniger Freak-IT und etwas mehr Fun. Mein Lieblingsgastautor und Gen-Bro Mario 😉 hat Gothic 4 gekauft und seine umfassende Meinung fĂŒr euch niedergeschrieben. RPG Fans und PC Spielern sollten unbedingt weiterlesen!

A Gothic Tale


Assassins Creed: Brotherhood wurde fĂŒr den PC um unbestimmte Zeit nach hinten verschoben. Die Beta von Diablo 3 kommt nicht vor dem Ende des Jahres 2011 raus. Das heißt, das Spiel erscheint nicht vor dem Jahre 2012 – wenn die Weltuntergangsprophezeiung den Entwicklern von Blizzard nicht ein Strich durch die Rechnung macht. Daher war das Highlight fĂŒr das Jahr 2010 fĂŒr mich ArcaniA – Gothic 4. Das dachte ich zumindest bis vor kurzem noch.

Bevor die Entwicklung von Gohtic 4 richtig begonnen hat, hat sich das Entwicklerteam von Piranha Bytes von JoWood (Publisher) getrennt. Piranha Bytes hat die Entwicklung der ersten 3 Teile von Gothic ĂŒbernommen und fĂŒr diverse Add-Ons gesorgt. Doch dank eines Streits wurde die Entwicklung in die HĂ€nde von Spellbound Entertainment gelegt. Welche Konsequenzen dadurch fĂŒr das Spiel entstanden sind, werde ich im weiteren Verlauf klĂ€ren.

Eine epische Welt mit nahezu grenzenlosen Möglichkeiten, eine Interaktion mit Personen und GegenstĂ€nde mit darauffolgenden Konsequenzen fĂŒr den Spielverlauf, eine realitĂ€tsnahe Entwicklung der persönlichen Fertigkeiten. All das war man von Gothic gewöhnt. Vieles davon vermisst man jedoch im neuen 4. Teil. Ich will eines vorweg nehmen: Gothic 4 hat Spaß gemacht, doch es weist einige MĂ€ngel auf, die Gothic-Veteranen vermissen werden.

Als allererstes muss ich ein großes Lob aussprechen. Das Kampfsystem wurde enorm verbessert im Vergleich zum 3. Teil. Die Gegner verfĂŒgen jetzt ĂŒber die FĂ€higkeit sich aus einer Dauerattackierung zu befreien und zum Gegenangriff ĂŒberzugehen. Das veranlasst dazu, auch auf eine taktische Art und Weise in die Schlacht zu ziehen. Hierzu stehen der Nahkampf, der Fernkampf oder die Magie zur VerfĂŒgung.

Der Nahkampf wird trotz HĂ€mmer, Degen, Schwerter, Keulen, StĂ€be und Äxten nur in Ein- und Zweihandwaffen unterschieden. Der Unterschied ist, dass Zweihandwaffen 50% mehr Schaden anrichten als Einhandwaffen.

Bei den Fernwaffen stehen klassische Bögen oder ArmbrĂŒste zur VerfĂŒgung. Dazu kommen die unterschiedlichsten Pfeilarten. Verschiedenste Ă€ußere Einwirkungen erschweren das Zielen mit der Fernwaffe, wodurch es zu einer kleinen Herausforderung wird den Gegner zu treffen. Weitere Features sind, dass man mit einem Pfeil mehr schaden macht, je lĂ€nger man den Bogen spannt oder wenn man den Kopf des Gegners – an welcher Stelle des Körpers dieser auch sitzen mag – trifft. Im Großen und Ganzen wurde das Fernwaffenkampfsystem sehr gut umgesetzt.

Wer sich lieber der Magie bedienen möchte hat folgende Elemente zur VerfĂŒgung: Feuer, Eis und Donner. Aus einem einfachen Feuerpfeil wird am Ende ein wahres Inferno! Der Mana-Verbrauch ist dabei allerdings etwas verwirrend, da ich feststellen musste, dass ich doppelt so viel Mana verbraucht habe, als es eigentlich ursprĂŒnglich angesagt wurde. Ob das mit den einzelnen Unterstufen oder mit einer fehlerhaften Programmierung zusammen hĂ€ngt, kann ich jetzt nicht einschĂ€tzen.

Mit einer geschickten Kombination aus Magie, Fernkampf und Nahkampf wird das KĂ€mpfen zu einem nie langweilig werdenden Erlebnis! Nie? Naja, man sollte den Schwierigkeitsgrad mit zunehmendem Level anpassen. Denn mit der magischen Klinge, die man ab ca. 75% des Spielverlaufes bekommt, wird der Kampf sehr einseitig. Und schade ist, dass die Gegner nicht im Verbund auftreten. Es war kein Problem den HĂ€uptling eines Orkstammes alleine zu töten, indem man ihn aus sicherer Entfernung mit einem Pfeil angegriffen hat. Man sollte meinen, dass die 5 Orks daneben sich ihm anschließen und mich angreifen, aber dem war nicht so. Sie blieben unbehelligt stehen, wĂ€hrend ich in Sicht- und Hörweite ihren AnfĂŒhrer liquidierte.

Die Welt ist schön designt. Es gibt jede Menge Grafikeinstellungen um diese epische Welt auf dem Bildschirm den Vorlieben anzupassen. Unter anderem schön anzusehen, aber mir unverstÀndlich: Man kann zwischen dem amerikanischen und dem europÀischen Farbschema wechseln, was in einem Unterschied der FarbintensitÀt resultierte.
Es ist toll durch diese gut gestaltete Welt zu laufen, in die Ferne zu schauen, Tag und Nacht mitzuerleben oder durch eine regnerische Nacht zu wandeln. Trotz dieser durchaus gelungenen Welt ist es schade, dass bei den Personen viel vernachlĂ€ssigt wurde. Es scheint so, als gĂ€be es nur 5 NPC (Non-Player-Character) Models. Viele Gesichter wurden fĂŒr mehrere Charaktere verwendet. Nur die besonderen und alt bekannten Gestalten stechen mit ihrem Aussehen hervor, da sie nicht wie der Soldat vor dem Tor, der ObstverkĂ€ufer auf dem Marktplatz oder die Hofzofe auf dem Schlossplatz aussehen sollten. Die StĂ€dte sind meist sehr klein und spĂ€rlich besetzt. Gut, es herrscht Krieg und die Welt wurde dezimiert. Aber irgendwie fehlte die Abwechslung, was ich sehr schade fand. Daher war jede Stadt auf irgendeine Art und Weise sehr identisch mit der vorherigen.

Eben schon den Marktplatz angeschnitten, kommen wir jetzt zum Handelssystem. Ich habe quasi nie etwas gekauft, da das Angebot sehr mager war. Ab und an mal eine Schriftrolle, die ich wenig spĂ€ter auch so gefunden habe, was im spĂ€teren Spielverlauf mir sagte: „Hey, warum noch weitere Schriftrollen kaufen, du bekommst sie doch eh gleich!“. Eigentlich schade. Aber es gibt leider noch einen weiteren Nachteil. Nehmen wir einmal einen realen HĂ€ndler: Wenn ihr etwas verkauft, dann mĂŒsste er diesen Artikel ja in seinem Sortiment haben. Aber auf der Insel Argaan ticken die HĂ€ndler leider anders. Sobald ich das Verkaufsfenster verlassen hatte, war alles verloren, ein Fehlverkauf kann also fatale Folgen haben.

Ein weiteres Manko war das durch Gothic typisch gewordene RPG-Element des Schmieden, Mixen, Kochen und alles, was eine Interaktion mit einem Werkzeug oder einem Werkplatz benötigt. Wenn man ein Schwert wollte, ist man in die Schmiede gegangen, hat den Hammer am Amboss geschwungen, den glĂŒhenden Rohling bearbeitet und anschließend abkĂŒhlen lassen, bevor man es geschliffen hat: et voilĂ , das Schwert war fertig. In Gothic 4 kann man auf einem Feld stehen, nichts weiter als eine Kuh und ein Baum in der NĂ€he und das Schwert wird ohne Effekt einfach dem Inventar hinzugefĂŒgt – nur die Zutaten werden benötigt. Dies vereinfacht natĂŒrlich die ganze Sache, aber echten Rollenspielfans – Gothicveteranen – fehlt dabei etwas. Auch das Erlernen von Fertigkeiten findet nur ĂŒber ein MenĂŒ statt, wo man einfach nur seine FĂ€higkeitspunkte setzen kann, ohne, dass vorher ein Großmeister kontaktiert werden muss.

Der Spielverlauf ist das Wichtigste an einem Spiel. Diesen Spielverlauf möchte ich in Story und Quests unterteilen.

Die grobe Story ist schnell erzĂ€hlt: ein Junge verliert alles und will sich rĂ€chen. Er entwickelt sich vom Schafhirten zum Held. Simpel gesprochen, doch es kommt alles anders als erwartet. Nur so viel dazu. Der – fĂŒr Gothic typische – namenlose Held durchlebt das Spiel in einer sprachlich sehr gut unterlegten AtmosphĂ€re. Jedoch ist der Spielverlauf sehr linear. Man hat nicht mehr die Möglichkeit sich einer Partei anzuschließen und dadurch Vor- und Nachteile dieser Partei zu genießen. Man ist der einsame Held auf Vormarsch zur Macht, dem nichts anderes ĂŒbrig bleibt als von Stadt zu Stadt zu wandern, vier bis fĂŒnf Kleinigkeiten zu erledigen und anschließend eine große Tat zu vollbringen. Es fehlte mir an Vielfalt und Entscheidungsfreiheit. Vor allem mangelte es an der Interaktion mit der Umwelt. Ich konnte mit gezĂŒckter Waffe rumrennen und es hat niemanden gekĂŒmmert, eine unbeteiligte Person konnte nicht einfach angegriffen werden, das Schwert ging immer durch die Person durch und in den HĂ€usern, Burgen und Höhlen kann man sich ĂŒberall bedienen ohne Konsequenzen fĂŒrchten zu mĂŒssen. Nur einmal ist mir eine Sache aufgefallen: Meine virtuelle Mutter hat gemeckert, dass ich eines meiner Schafe getötet habe.

Wie eben erwĂ€hnt ist die Anzahl der Quests relativ gering. Man kommt in eine Stadt und hat eine geringe Anzahl von Nebenquests. Vorwiegend macht man also die Dinge, die nötig sind um die Geschichte voranzutreiben. Wenn man sich an diesen Spielverlauf hĂ€lt wirkt das Spiel eher wie ein Film, weil so ein bisschen die Freiheiten fehlen. Die Wege sind solange versperrt, bis man eine Stadt fertig durchgearbeitet hat. ZurĂŒckgehen muss man nicht, denn es gibt nichts mehr, was man dort hĂ€tte machen können.
Die Dialoge waren ebenfalls sehr linear. Ein Dialog mit einer Person war einfach nur abzuarbeiten. Man konnte sich fĂŒr keine SĂ€tze oder Formulierungen entscheiden, es war alles vorgegeben.

FAZIT

ProKontra
Große und schöne WeltCharactermodels
Sehr gut synchronisiertLineare Story
KampfsystemWenige Quests
Fehlende typische Gothic-Elemente
Rechenlastig
Handelssystem

Die Liste fasst kurz und knapp zusammen, was ich an diesem Spiel geschĂ€tzt habe und was ich schlecht fand. Vermutlich wird es deutlich, dass es zum einen mehr Kontra-Argumente gibt und diese auch vom Gewicht her höherwertig sind. Dies liegt allerdings daran, dass ich mit einem richtigen Gothic-Teil gerechnet hatte. Ich habe eine gute Beschreibung fĂŒr dieses Spiel im Internet gefunden und muss diesem Urteil beipflichten. Das Spiel ist ein „Rollenspiel Light“. Es ist wunderbar fĂŒr Rollenspieleinsteiger, die mit der KomplexitĂ€t ein Problem hĂ€tten. Wer ein gewohntes Gothic-Abenteuer haben will, sollte zu der neuen Reihe von Piranha Bytes greifen: Risen. Man erkennt eindeutig, dass Gothic nicht von den gewohnten Entwicklern gemacht wurde.


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